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Berichte
Selbstbestimmtes Sterben bleibt schwierig
Im Mai lehnte des Bundesverfassungsgericht mehrere Vorlagen des Verwaltungsgerichts Köln, welches über Anträge auf Verordnung eines „Sterbemedikamentes“ zu entscheiden hatte und den Konflikt zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und den Verboten des Betäubungsmittel-Gesetzes als verfassungswidrig ansah, ab. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass jedenfalls aufgrund der Entscheidung vom 26.02.2020, indem die Vorschrift des §§ 217 StGB als verfassungswidrig eingeordnet wurde, diese zwischenzeitlich ergangene Entscheidung in die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts einfließen muss, d.h. für die Betroffenen wird es kurzfristig weiter keine Entscheidung geben. Zu den Einzelheiten wird auf die Presserklärung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben DGHS vom 02.07.20 verwiesen.
„Wenn es so einfach wäre, einen Arzt zu finden“
DGHS zur Frage des Natrium-Pentobarbitals im BtMG
DGHS zur Frage des Natrium-Pentobarbitals im BtMG
„Für die betroffenen Schwerstkranken ist der Nervenkrieg leider noch lange nicht vorbei.“ Professor Robert Roßbruch, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), der als Rechtsanwalt derzeit insgesamt acht Antragsteller/innen bei ihren Anträgen auf Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital (NaP) vertritt, bewertet die soeben veröffentlichte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.05.2020 (Az. 1 BvL 2/20 u.a.) (verfassungs-)rechtlich für schlüssig und konsequent und mittelfristig für zielführend, jedoch bezogen auf die aktuelle Situation der Betroffenen für praxisfern.
Karlsruhe hatte sich mit Post vom Verwaltungsgericht Köln zu befassen, wo Roßbruch einige der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) anhängigen Anträge auf Erlaubnis zum Erwerb von NaP auf dem Klageweg durchsetzen will. Das Verwaltungsgericht hatte im November 2019 die Problematik des Betäubungsmittelgesetzes (hier besonders § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG), das nach Auffassung des BfArM den Erwerb von NaP nicht erlaubt, den Verfassungsrichtern zur Entscheidung vorgelegt und alle diesbezüglichen Verfahren ausgesetzt. Die Richter der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts haben nun den Vorlagebeschluss des VG Köln als unzulässig zurückgewiesen, da dessen Begründung nach dem inzwischen ergangenen Suizidhilfe-Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02.2020 nicht mehr den Anforderungen genüge.
Allein in der Zeit vom 1. August 2019 bis zum 10. Mai 2020 waren nochmals 46 solcher Anträge beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingegangen, die sich nach einem entsprechenden Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2017 Hoffnungen auf eine berechtigte Ausnahmegenehmigung gemacht hatten.
„Das BfArM kommt aus der Problematik nicht heraus. Denn die Antragsteller werden wohl kaum einen Arzt finden, der ihnen das NaP oder eine alternative Medikation zur Selbsttötung verschreibt“, meint Roßbruch, der sich seit Jahren mit der Frage des selbstbestimmten Lebensendes befasst. Auch nach dem Kippen des Verbots der geschäftsmäßigen Suizidhilfe
(§ 217 StGB) seien Ärzte und Apotheker, die an einer Suizidhilfe mitwirken würden, sehr rar gesät und kaum zu finden. Daher werden Vereine, die Freitodbegleitungen anbieten, oder einzelne Freitodbegleiter diese Lücke noch für eine lange Zeit füllen müssen. „Denn viele Ärzte fürchten aufgrund des in einigen Bundesländern immer noch sehr restriktiv formulierten Berufsrechts berufsrechtliche Sanktionen, wenn sie eine Freitodbegleitung durchführen bzw. ein zur Selbsttötung taugliches Medikament verschreiben“, so Roßbruch. Er konzentriert sich nun auf die wiedereröffneten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln, um für seine Mandanten doch noch in absehbarer Zeit eine juristische Lösung zu erreichen.
Ob auf bundespolitischer Ebene bald eine verfassungskonforme gesetzliche Regelung zur professionellen Freitodbegleitung beschlossen wird, die den Ärzten genügend Rechtssicherheit bietet, bezweifelt Roßbruch. „Das wird wohl dauern, ganz abgesehen davon, dass es mehr als fraglich erscheint, ob dies derzeit überhaupt nötig ist. Wenn jedoch eine gesetzliche Regelung erfolgen soll, dann sollte diese im Zivilrecht bei den Patientenrechten, nicht erneut im Strafrecht, angesiedelt werden. Gleichzeitig muss aber auch eine verfassungskonforme Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes in Angriff genommen werden. Denn nur mit einer konsistenten Ausgestaltung des Betäubungsmittelrechts und des Berufsrechts der Ärzte und Apotheker kann den Betroffenen ein hindernisfreier Weg zu einem freiverantwortlichen Suizid ermöglicht werden.“
Wega Wetzel M.A.
Pressesprecherin DGHS e.V.
Tel: 0 30/21 22 23 37-22
Fax: 030/21 22 23 37-77
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„Ungeheuerliche Verweigerungshaltung“
DGHS kritisiert Sterbehilfe-Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion
DGHS kritisiert Sterbehilfe-Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion
"Es ist ungeheuerlich, dass sich die Bundesregierung nach wie vor der Not derjenigen Schwerstkranken verweigert, die auf einem ordnungsgemäßen Rechtsweg ihr Selbstbestimmungsrecht bis zum Lebensende wahrnehmen wollen“, empört sich Professor Robert Roßbruch, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS). Er bezieht sich auf die Stellungnahme der Bundesregierung vom 25. Mai dieses Jahres, in der eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zur Erlaubniserteilung des Erwerbs eines tödlich wirkenden Medikamentes zum Zweck der Selbsttötung beantwortet wird. Allein in der Zeit vom 1. August 2019 bis zum 10. Mai 2020 waren 46 solcher Anträge beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingegangen, die sich nach einem entsprechenden Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2017 Hoffnungen auf eine berechtigte Ausnahmegenehmigung gemacht hatten.
„Zuerst gab es keine Antworten durch die zuständige Behörde, dann Hinhaltetaktiken, später langwierige Prüfungen der Einzelfälle und nur pauschal begründete ablehnende Bescheide. Jetzt wird das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts, das Ende Februar dieses Jahres die Strafgesetzgebung zur Suizidhilfe für nichtig erklärt hatte, nicht auf diese Fälle angewandt, obwohl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) immer wieder darauf verwiesen hat, dass er noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 Strafgesetzbuch abwarten und dann entscheiden wolle. Auch dies entpuppt sich nun als reine Hinhaltetaktik“, resümiert Roßbruch, der als Beschwerdeführer und Bevollmächtigter u. a. von Uwe-Christian Arnold und Dr. med. Erika Preisig eine der sechs verhandelten Verfassungsbeschwerden eingereicht hatte. „Die Aussage der Richter und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts, dass es zum Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gehört, sich auch Hilfe bei einem freiverantwortlichen Suizid zu holen, ist doch glasklar.“ Doch anstatt sich mit der verfassungskonformen gesetzlichen Ausgestaltung von Lebensendberatungsangeboten zu befassen und die Anträge auf ein Medikament zur Selbsttötung zügig zu bearbeiten, spiele die amtierende Bundesregierung weiter auf Zeit. „Derweil versterben die Betroffenen – oftmals auf eine Art, die sie sich eben nicht gewünscht hatten, nur, weil ein selbstbestimmter humaner Abschied verunmöglicht wird“, so der Vizepräsident der DGHS. Die Bundesregierung, die weiter auf Zeit spielt, will nun in aller Ruhe erst die nächste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (zu Fragen des Betäubungsmittelgesetzes) abwarten, wissend, dass eine Entscheidung frühestens erst Anfang nächsten Jahres getroffen werden wird.
Die DGHS hatte unmittelbar nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemeinsam mit DIGNITAS Deutschland eine ergebnisoffene Suizidversuchs-Präventionsberatung ins Leben gerufen. Dort werden vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzeslage Perspektiven am Lebensende aufgezeigt. Die Beratungsstelle Schluss.PUNKT ist unter Tel. 0800 / 80 22 400 werktags von 12-14 Uhr gebührenfrei erreichbar.
Wega Wetzel M.A.
Pressesprecherin DGHS e.V.
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Verwaltungsgericht Köln ruft Bundesverfassungsgericht an: DGHS hofft auf Liberalisierung des Betäubungsmittelgesetzes
Die von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) unterstützten und von DGHS-Vizepräsident RA Prof. Robert Roßbruch vertretenen Kläger leiden an gravierenden Erkrankungen und deren Folgen. Sie begehren vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung. Das BfArM hatte die Anträge der Kläger auf Erteilung einer Erwerbserlaubnis abgelehnt. Dagegen richten sich die Klagen.
Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln hat nun zur Überraschung aller Beteiligten am 19.11.2019 im Anschluss an die mündliche Verhandlung einen Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht getroffen. Danach ruhen die Klageverfahren, und das Bundesverfassungsgericht erhält die Möglichkeit zu prüfen, ob und inwieweit das generelle Verbot des Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Verwaltungsgericht Köln ist mit den Klägern der Auffassung, dass ein generelles Verbot des Erwerbs auch für schwerkranke Menschen in einer existenziellen Notlage nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die staatliche Schutzpflicht für das Leben könne, so das Verwaltungsgericht, in begründeten Einzelfällen hinter das Recht des Einzelnen auf einen frei verantworteten Suizid zurücktreten. Damit schließt sich das Verwaltungsgericht Köln im Wesentlichen der Argumentation der von der DGHS unterstützten Kläger an.
Die DGHS begrüßt die Entscheidung der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln. Sie übertrifft in ihren möglichen verfassungsrechtlichen, betäubungsmittelrechtlichen und rechtspolitischen Konsequenzen sogar ein obsiegendes erstinstanzliches Urteil. Denn „es besteht nun erstmalig in diesem Land die Chance – und daher kann der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Köln nicht hoch genug bewertet werden – auch die als unüberwindlich angesehene Festungsmauer des Betäubungsmittelgesetzes durch eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Fall zu bringen und auch hier eine Liberalisierung im Sinne der schwer und unheilbar erkrankten Suizidwilligen herbeizuführen“, so der Verfahrensbevollmächtigte Prof. Robert Roßbruch.
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DGHS begrüßt Bundestags-Entscheidung zur Organspende
Die
DGHS begrüßt das im deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur
Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende
(BT-Drucksache 19/01187).
Der Bundestag hat am 16.1.2020 mit
großer Mehrheit eine moderate Reform der Organspenderegeln in
Deutschland beschlossen. Demnach sollen die Bürger in Zukunft stärker
dazu bewegt werden, eine Entscheidung zu treffen. Neu geschaffen wird
auch ein Online-Register.
DGHS-Präsident Professor Dr. Dr. h. c.
Dieter Birnbacher betont die Wichtigkeit einer rechtzeitigen Vorsorge
für das eigene Lebensende. Im Vordergrund stehen dabei
Patientenverfügungen und weitere Entscheidungen zur Vorsorge wie auch
die Dokumentation, ob und unter welchen Bedingungen man gegebenenfalls
als Organspender zur Verfügung stehen würde. Allerdings, so Birnbacher
in einer ersten Reaktion weiter, müssen die organisatorischen
Bedingungen der Organspende weiter verbessert und „die Information über
die Organspende realistischer und die Angehörigen des potenziellen
Organspenders zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einbezogen werden.“
Ein
Automatismus, nach dem jeder Bundesbürger ab 16 Jahre zum Organspender
wird, wenn er nicht ausdrücklich widersprochen hat, ist mit dem
verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht des Menschen
nicht vereinbar. Viele Menschen werden durch die Informationen zur
Organspende nicht erreicht und erklären sich weder für noch gegen eine
Organspende. Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU), der die Einführung einer doppelten Widerspruchslösung vorgesehen
hatte, war bereits in zweiter Lesung mehrheitlich abgelehnt worden.
Vorausgegangen war eine zweistündige Debatte.
Im Jahr 2019 haben
nach einer Mitteilung der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO)
in Deutschland 932 Menschen ein Organ nach ihrem Tod gespendet, eine
ähnlich niedrige Zahl wie im Vorjahr. Mit einer durchschnittlichen
Spenderrate von 11,2 Spendern pro eine Million Einwohner nimmt
Deutschland im internationalen Vergleich einen hinteren Platz ein.
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